Multispezien-Stadtfassaden

Projekt Prof. Dr. Kathrin Dörfler, Digitale Fabrikation, Department für Architektur, School of Engineering and Design, Technische Universität München

Hintergrund – Lebensraum Stadt

Die Urbanisierung durch den Menschen verursacht den Klimawandel, das Aussterben vieler Tierarten und das vermehrte Aufkommen invasiver Schädlinge und Krankheitserreger, da sie einheimische Tierarten und deren natürlichen Lebensraum eliminiert und durch versiegelte Oberflächen ersetzt. Unsere städtischen und ländlichen Siedlungen werden nicht nur immer dichter, es entstehen täglich viele neu versiegelte Flächen, die sich in Verbindung mit Stadtmorphologie, Materialität und Mikroklima im Sommer stark aufheizen und Tiere, Vögel und Insekten zurückdrängen. Trotz der Tatsache, dass der Artenschutz und die vielfältige Integration einheimischer ökologischer Akteure in den urbanen Kontext eine ausgewogene Umwelt ermöglichen und das Wohlergehen aller Bewohner — sowohl von Menschen und Tieren — verbessern kann, werden sanierungsbedürftige wie auch neue Gebäude im Moment immer noch ohne Rücksicht auf Biodiversität und die Möglichkeit der Beherbergung verschiedener und vor allem zu schützenden Tierarten geplant und gebaut.

Ziel dieser Forschung ist es daher, in der Verknüpfung der Expertisen Architektur, Klimadesign, Digitaler Fabrikation und Terrestrische Ökologie ortsspezifische und individualisierte Gebäudehüllen für die Beherbergung von Tieren und den Artenschutz im urbanen Kontext Bayerns zu konzipieren und zu erforschen. Als dezidierte Fallstudie werden sanierungsbedürftige Gebäudehüllen im Münchner Stadtgebiet zur Integration von Tierlebensräumen in deren Neugestaltung und Realisierung betrachtet. Dabei werden neuartige computer- und datengestützte Planungs- und Fertigungsmethoden eingesetzt, um Fassadensysteme lokal für die Integration von Nist- und Unterschlupfhilfen für Fledermäuse und Vögel anzupassen und zu optimieren. Anhand des Designs und der digitalen Fabrikation eines Mock-ups im 1:1 Maßstab soll im Rahmen des beantragten Projektes die Grundlage für ein Langzeitmonitoring bezüglich Akzeptanz und Gebrauchstauglichkeit tierinklusiver und insbesondere artenschützender Fassaden geschaffen werden.

Insgesamt zielt die Integration von architektonischem Design mit computergestützter Simulation von Klima- und Tierverhalten mit digitalen Fabrikationstechniken darauf ab, neue Wege zur Wiederherstellung menschlicher Beziehungen zur Ökologie und zur Umwelt aufzuzeigen. Die Transformation bestehender Stadtoberflächen hin zu tierinklusiven und artenschützenden Gebäudehüllen sollen hier zudem nicht als eigenständige Lösung eines ökologischen Problems, sondern als Teil einer durchdachten und gestalteten Stadtökologie von Tier, Mensch und Vegetation sowie deren ökologischen Zusammenhängen innerhalb der gebauten Umwelt dienen.

Projektziele
• Kriterienkatalog, Leitfaden zur computergestützen Integration von Nist- und Unterschlupfhilfen zur Förderung des Artenschutzes in Fassaden für die
klimatische Sanierung von Gebäuden im urbanen Stadtraum
• Nachweis Synergien zwischen klimaaktiven und artenschützenden Fassaden und Fassadenbewohner/Gebäudebrüter
• 1 x 1:1 Mock-up einer tierinklusiven Fassade (Größe ca. 5 qm)
• Vorbereitung Langzeit-Monitoring des im urbanen Kontext Münchens
platzierten Mock-ups
 
Projektteam
TUM:
• Digitale Fabrikation (Prof. Dr. Dörfler)
• Biodiversität (Prof. Dr. Weisser)
• Klimadesign (Prof. Auer)
Industriepartner:
• Tonality (Hersteller Keramikfassade)
 
Förderung durch die Stiftung
Die Stiftung fördert das Projekt mit insgesamt 80.000 € in 2022 und 2023.
 
 Stand: 09/2022